In diesem Blogartikel möchte ich auf das Strip-Till Verfahren eingehen. Einer der Referenten des Online-Seminars Aufbauende Landwirtschaft, Franz Grötschl, hat seine Anwendung des Verfahrens auf seinem Hof mit insgesamt 75 ha Land demonstriert. Von diesen 75 ha werden 25 ha Mais mittels Strip-Till Verfahren angebut, weitere 25 ha werden für Getreide oder Feldfutter genutzt und die restlichen 15 ha sind Magerwiesen für seine 75 Milchkühe.
Die Ausgangssituation auf seinem Hof im Burgenland in Österreich ist ein sehr sandiger Boden in Kombination mit heißen, trockenen Sommern. Das Strip-Till Verfahren hilft Franz Grötschl dabei, die Biomasse aus dem Maisanbau als Mulch auf dem Boden zu halten und die Gülle direkt in den Boden, also an die Maiswurzeln zu spritzen. So baut sich nach und nach mehr Humus auf und die Wasserspeicherkapazität erhöht sich bei konstant hohen Maiserträgen. Das nenne ich regenerative Landwirtschaft und kluges Design par excellence. Aber wie funktioniert das Strip-Till Verfahren genau und wie geht Franz Grötschl mit dem Wachstumsdruck der Zwischenfrucht um?
Inhaltsverzeichnis
Strip-Till Verfahren: Herkunft, und Anwendung im Überblick
Das Strip-Till Verfahren kommt aus den USA und steht für Streifenbearbeitung. Das Verfahren kombiniert die Vorteile der Direktsaat mit der krumentiefen Bodenlockerung. Der Vorteil der Streifenbearbeitung für das Bodenleben ist, dass nur die Saatreihe teilweise gelockert und mit abgestorbenem Pflanzenmaterial als Mulch bedeckt wird. Dadurch bleiben 2/3 der Fläche eines Feldes komplett unbearbeitet und gemulchst, das restliche Drittel leicht bearbeitet und mit Mais (Kartoffeln sind auch möglich) besät. Für Franz Grötschls Ausgangssituation ist das eine ideale Methode, da er Jahr für Jahr die Wasserspeicherkapazität seines Bodens erhöht und die Verdunstung sinkt. Lange Hitze- und Trockenperioden kann er damit immer besser überbrücken.
Zusätzlich lässt sich ein Zwischenfruchtanbau gut mit der Strip-Till Methode verbinden. Die Aussaat wird direkt nach der Ernte des Getreides oder in Franz Grötschls Fall des Mais durchgeführt. Der Zwischenfruchtanbau erzeugt mehr organische Masse für die nächste Strip-Till Aussat als Mulchmaterial und erhöht den allgemeinen Stickstoffanteil im Boden. Beim Zwischenfruchtanbau ist aber zu beachten, dass die Zwischenfrucht im Winter abfriert, um die Wasserkonkurrenz zur später gesäten Hauptfrucht zu verringern.
Letztes Element des Strip-Till Verfahrens ist die Direkteinspritzung von vorkompostierter Rindergülle. Die Streifenbearbeitung lässt sich nämlich mit einer Unterflur- (15-25cm Bodentiefe) und Unterfußdüngung (5-10 cm Bodentiefe verbinden, die Stickstoffverluste vermeidet. Denn durch diese Art der Direkteinspritzung kommt die Rindergülle nämlich genau an die spätere Wurzel und gibt dem Mais den benötigten Stickstoff. Gleichzeitig sorgt diese Art der Düngung dafür, dass die Gülle im Boden bleibt und nicht in Form von Ammonium-Emissionen wieder in die Atmosphäre entweicht. Die Gülle-Direkteinspritzung ist also auch geruchs- und emissionsärmer.
Strip-Till: Anwendung und Konkrete Vorteile auf Franz Grötschls Hof
Franz Grötschl fermentiert seine Gülle vor der Einspritzung mit Biokohle, Zucker und Steinmehl. Somit entsteht keine Ammoniumausgasung, keine Nitratablagerung im Grundwasser, weniger Gestank und keine dauerhafte Verschlämmung der oberen Bodenschichten. Für Franz Grötschl aber auch wirtschaftlich von Bedeutung. Durch das Strip-Till Verfahren spart er sich auch pro Jahr um die 75 Stunden Arbeit. Denn mit einem ortsüblichen Verfahren entstünden ihm pro ha noch mehrere Stunden Aufwand durch das Grubbern, Mistaufbringen, Güllespritzen, Eggen, Ausbringung von Mineraldünger sowie Kreiseleggen, Saat und Walzen. Das Strip-Till Verfahren ersetzt in seinem Betrieb all diese Schritte, sodass sich der Zeitaufwand pro ha mit Strip-Till Verfahren auf nur 2,25 Stunden beläuft, mit konventionellen Methoden auf 5,25 Stunden.
In einer Videokonferenz im Januar 2021 hat mir Franz freundlicherweise noch einige Dinge erklärt, die das Strip-Till Verfahren auf seinem Hof besonders machen: Zunächst hat Franz klargestellt, dass er bereits mit Streifenbearbeitung gearbeitet und eigens Maschinen dafür entwickelt hat, bevor er auf den Begriff “Strip-Till” aus den USA gestoßen ist. Es war also eine Art gleichzeitige Entwicklung und Zufallsentdeckung von Franz, als sich der Begriff aus den USA im Internet verbreitet hat.
Natürliche Mineralisierung des Bodens durch Bodenbedeckung
Dann hat er mit mir darüber gesprochen, welche positiven Effekte die Streifenbearbeitung auf den Boden hat. Denn zwischen den Maisreihen baut Franz eine Kombination von mehreren Zwischenfrüchten an, darunter Roggen. Die Zwischenfrucht verringert den Unkrautdruck auf dem Maisfeld, sodass Franz nurnoch das Wachstum der selbst ausgewählten Zwischenfrüchte kontrollieren muss. Würde Franz nur eine Zwischenfrucht anbauen, wäre das ziemlich einfach. Da er aber, wie er selbst sagt, ein Biodiversitätsfanatiker ist, versucht er so viele Zwischenfrüchte wie möglich zu kombinieren. Ein weiterer Vorteil der Zwischenfrucht ist, dass sie eine Bodenbedeckung ermöglichen. Denn wenn Franz die ausgesäte Zwischenfrucht zurückschneidet, bleiben die Halme auf dem Boden liegen und sorgen damit für eine natürliche Bodenbedeckung.
Die Bodenbdeckung wiederum wirkt für den Boden wahre Wunder. Denn es entsteht im Boden ein Prozess, der ähnlich ist wie beim Pflügen. Franz hat viel darüber gesprochen, warum sich das Pflügen überhaupt so weit verbreitet hat. Seine Antwort: Durch das Pflügen bringe ich Sauerstoff in den Boden und es entsteht eine Oxidation wodurch über lange Zeit gespeicherte Nährstoffe freiwerden. Die gespeicherten Nährstoffe, die vorher gebunden waren, werden jetzt also Pflanzenverfügbar gemacht. Außerdem hoffen wir nach dem Pflügen auf Regen und anschließenden Frost, da auf diese Weise die Feuchtigkeit im Boden friert und den verdichteten Böden regelrecht aufsprengt. Zurück bleibt eine feine Krümelstruktur (Frostgare), die ausgezeichnet für die Aussaat im nächsten Jahr ist. Leider geht ein Großteil der freigesetzten Nährstoffe verloren, da selten Pflanzen nachgesät werden, die sie aufnehmen könnten. So wird ein Großteil der Nährstoffe einfach in die Luft ausgegast.
Ganz anders sieht es bei der natürlichen Bodenbedeckung aus. Denn sie ermöglicht einerseits einen natürlichen Dampfdruckausgleich im Boden und andererseits verstärkt sie die Aktivität von Regenwürmen. Deshalb ist der Boden von vielen feinen Kapillargängen durchzogen. Der Dampfdruckausgleich sorgt dann für einen ähnlichen Mineralisierungseffekt wie beim pflügen, nur wesentlich dosierter und ausgeglichener. Auf Dauer gibt es dadurch keine Ausgasungen in die Luft und die natürlichen Nährstoffpotentiale des Bodens bleiben dauerhaft erhalten.
Strip-Till: Systematische Untersuchung der Gülleinjektion
Dr. Joachim Bisschoff von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt (LLG) hat in einer systematischen Untersuchung der Gülleinjektion mittels Strip-Till Verfahren festgestellt, dass durch das Strip-Till Verfahren eine wesentlich höhere Stickstoffeffizienz im Boden erreicht werden kann. Sprich: Die Pflanzen können den eingebrachten Stickstoff besser aufnehmen, es geht weniger Stickstoff in die Luft verloren. 90 Tage nach der Gülleinjektion lag der Anteil des pflanzenverfügbaren Bodenstickstoffs im Verhältnis zum gesamten Bodenstickstoff bei 76%. Im ungedüngten Zwischenraum waren es nur 15%. Erst nach 125 Tagen hatte sich der pflanzenverfügbare Stickstoff dann den Werten im ungedüngten Zwischenraum angenähert, wobei sich dieser Wert durch die Zugabe eines Stickstoffabbauhemmers (Genauer: Nitrifikationshemmer Piadin) bei 89% halten ließ.
Dr. Bischoff merkt aber an, dass das Strip-Till Verfahren eine wesentlich größere Präzision benötigt. Spurgetreues Fahren, Abstimmen der Arbeitsbreite und exakte Aufzeichnung der Fahrspuren sind deshalb sehr wichtig. Er empfiehlt deshalb GPS gestützte Lenk- und Fahrsysteme, um die nötige Präzision sicherzustellen. Auch Franz Grötschl nutzt GPS-gestützte Systeme.
Nachhaltiger Pflanzenschutz – möglichst ohne Herbizide
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) rechnet mit einem Verbot des Herbizids Glyphosat ab dem Jahr 2022 durch die EU. Deshalb ist es jetzt schon sinnvoll, Alternativen auszuprobieren. Franz Grötschl hat für seine Strip-Till Anbaumethode Wege gefunden, wesentlich weniger Herbizide einzusetzen als früher.
Grundsätzlich kontrolliert Franz das Unkraut durch die Zwischenfrucht zwischen den Maisreihen. Die Wuchsgeschwindigkeit der angebauten Zwischenfrüchte ist aber unterschiedlich, sodass Franz ein gutes Management braucht. Nur so kann er vermeiden, dass die Zwischenfrucht den Maispflanzen zuviel Licht wegnimmt. In den letzten Jahren hat Franz verschiedene Möglichkeiten ausprobiert, die Zwischenfrüchte in ihrem Wachstum zu hemmen.
Mechanische Wachstumsverringerung der Zwischenfrucht
Einer seiner ersten Versuche erfolgte mit einer Unterschneidungsmaschine, um die Wurzelmasse der Beikräuter in den Zwischenstreifen zu durchschneiden. Dies hat auf seinen Böden aber nicht funktioniert, da die Wurzeln einfach mitgeschoben wurden und die Schnittfläche der Maschine so blockierte. Den nächsten Versuch unternahm Franz Grötschl dann mittels einer Messerwalze. Die Messerwalze schneidet die Unkräuter in den Zwischenreihen oberflächlich ab, mulcht damit gleichzeitig die Zwischenreihe und bringt damit mehr organische Masse auf den Boden. Das Problem bei dieser Methode: Sie ist sehr aufwendig und zeitintensiv. Jedes Feld musste mehrmals befahren werden und manchmal wurde der optimale Zeitpunkt zum Schneiden verpasst. In einem solchen Fall kommt auch Franz nicht um das Spritzen von Maisherbiziden herum. Glyphosat verwendet Franz Grötschl jedoch nicht, wie er selbst betont.
Franz ist aber der Überzeugung: “Es muss auch ohne gehen.” Deshalb hat er sich eine besondere Rotorhacke aus Ungarn (“Busa”) bestellt, mit der die Zwischenfrucht zwischen Wurzel und Spross abgetrennt wird. Dadurch wird der Boden natürlich gemulcht, es kommt aber zu keiner Verrottung des Kohlenstoffs auf dem Boden (was die Mulchschicht schnell verringern würde). Die Zwischenfrucht erholt sich irgendwann wieder von dieser Maßnahme und kann wieder austreiben. Bis dahin ist der Mais aber schon hoch genug und kann ausreifen. Über die ganze Zeit hinweg wäre der Boden gemulcht und Franz könnte auf Herbizide ganz verzichten, so die Theorie. Wie das in der Praxis aussieht erfahre ich dann nächstes Jahr.
In folgendem Video sieht man die Rotierenden Zähne der “Busa” Rotorhacke sehr gut:
Fazit
Die Strip-Till Methode ist ein innovatives Verfahren, das den Boden stärker konserviert als bei der konventionellen Landwirtschaft. Durch die Mulchwirtschaft bleibt mehr Organische Masse auf dem Boden und es kann Humus gebildet werden. Die Gülle wird durch Direktinjektion in den Wurzelraum gebracht und bleibt länger pflanzenverfügbar. Das verringert Ammoniumausgasung und Nitratverschwemmung ins Grundwasser. Auch wenn das Management der Zwischenfrucht ein paar Anläufe und Experimente gebraucht hat, hat Franz Grötschl auch hier Mittel und Wege gefunden, das Wachstum unter Kontrolle zu bringen und muss Maisherbizide nur noch ein wenigen Fällen einsetzen.
Am wichtigsten ist aber, dass durch die Methode weiterhin stabile Erträge in großem Maßstab (immerhin 25 ha) erzielt werden können und das Verfahren durch die Zeiteinsparungseffekte auch wirtschaftlich skalierbar ist. Durch die Nitratverordnungen der EU, die mittlerweile auch in Deutschland angekommen sind, wird das Verfahren meines Erachtens noch relevanter. Denn durch direkte Gülleinjektion in Verbindung mit Piadin kann eine Nitratversickerung ins Grundwasser vermieden werden (auch wenn das Zustandekommen der Messwerte von der Initiative “Land schafft Verbindung” (Grüne Kreuze) kritisiert wird).
Wir bedanken uns bei Franz Grötschl für den Hinweis auf seinen YouTube-Kanal. Wir können nur empfehlen, dir dort mal verschiedene Praxisvideos zum Strip-Till Verfahren in Aktion anzusehen!
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Dieser Beitrag wurde zuletzt im Januar 2021 nach einer Videokonferenz mit Franz Grötschl überarbeitet und ergänzt. Vielen Dank an Franz für den ausführlichen und sehr lehrreichen Austausch!
Titelbild und Bilder vom Sandboden: Franz Grötschl
Franz Grötschl
Hallo Rene Franz
ich habe leider den Bericht erst jetzt zufällig entdeckt.
Bitte um Kontakt Aufnahme, da hier einiges richtig gestellt werden sollte (Kleinigkeiten, eigentlich steht alles drin aber die Abläufe stimmen nicht ganz)!
50 LN aber nur 25 ha davon Mais (jedes 2. Jahr)
danke lg Franz
Rene Franz
Hallo Franz,
vielen Dank für die Kontaktaufnahme. Ich habe dir eine Mail geschrieben, damit wir die Richtigstellungen umgehend vornehmen können!
Viele Grüße
René Franz