Vor ein paar Wochen habe ich Jonas Gampe’s neues Buch Letzter Ausweg: Permakultur vom Löwenzahn Verlag zugeschickt bekommen. Obwohl wir hier auf dem Blog noch keine ausführlichen Buchrezensionen haben, dachte ich mir: ich kann ja mal damit anfangen. Deshalb hier also meine erste Buchrezension von Jonas Gampe’s neuem Buch. Ich gehe auf die Inhalte ein, zeige auf was das Buch besonders macht und für wen es am besten geeignet ist. Danach kannst du dich entscheiden, ob du das Buch für dich auch kaufen möchtest.
In aller Kürze. Letzter Ausweg: Permakultur – Worum geht’s?
Nach Jonas erstem Buch “Permakultur im Hausgarten” fokussiert er sich in seinem neuen Buch Letzter Ausweg: Permakultur auf kleine bis große Landwirtschaften, ohne den Hausgartenbereich ganz aus dem Fokus zu verlieren. Gewissermaßen ist dieses Buch eine Handreichung für alle Grundstückbesitzer, die etwas an der derzeitigen Nutzung verändern wollen und noch nicht wissen wie sie anfangen sollen. Jonas stellt Kalkulationen an und gibt an wie viel eine Permakultur-Anlage kostet. Die Größen sind dabei ganz unterschiedlich – von 100m² bis 500 Hektar (Ha) ist für jeden etwas dabei. Das zeigt auch: Permakultur ist skalierbar.
Das ist tatsächlich auch das Innovative am Buch Letzter Ausweg: Permakultur. Jonas schafft es, Permakultur Systeme greifbar zu machen und holt sie aus dem nebulösen heraus. Kennzahlen wie Investitionskosten, Pflege- und Initialaufwand und Erntemengen pro Hektar sowie Ertragszahlen sind bei jedem Permakultur System dabei.
Eine Übersicht über die vorgestellten Permakultur Systeme:
- Agroforstsysteme für Flächen bis 500 Ha
- Obstwälder mit Weideflächen und Trüffeln bis 500 Ha
- Permakultur Landwirtschaft, individuell skalierbar
- Agroforstsysteme mit Biotopflächen, Wildobst und Beeren bis 10 Ha
- Die Vielfältige Waldgarten Landwirtschaft bis 10 Ha
- Permakultur zur Direktvermarktung ab 1 Ha Fläche
- Die pflegeleichte Teil-Selbstversorgerfläche bis 1 Ha
- Intensive Biotop Landwirtschaft bis 1 Ha
- Der Permakultur Park bis 1,5 Ha
- Der pflegeleichte Selbstversorger-Garten bis 1.000 m²
- Der vielfältige Permakultur Garten, individuell skalierbar
- Ein pflegeleichter Teil-Selbstversorgerbereich je nach Gartengröße
- Intensive Permakultur auf kleinem Raum je nach Gartengröße
- Permakultur ohne Grundstück
Ihr seht also, der Großteil des Buchs besteht aus der Vorstellung dieser unterschiedlichen Anbauformen. Das ist also der Grundfokus dieses Buchs. In dem Buch steckt aber noch eine ganze Menge mehr…
Geschichte der Landwirtschaft in Deutschland
In den ersten Teilen von Letzter Ausweg: Permakultur geht Jonas Gampe nämlich auch noch auf die Geschichte der Landwirtschaft ein. Das war für mich ziemlich interessant zu lesen, da ich einiges selbst noch gar nicht wusste. Zum Beispiel hatte ich von der großen Flurbereinigung zwar schon einmal gehört. Ich wusste aber bisher nicht, dass die Auswirkungen auf die Struktur der Flächen so groß warem.
Jonas schafft es auch den Übergang in die konventionelle Landwirtschaft zu schlagen und geht auf die vielen Probleme ein. Dazu gehören für ihn Trinkwasserverschmutzung, Artensterben, Wetterextreme, fehlende Nahrungsmittelsouveränität und soziale sowie wirtschaftliche Konflikte. Auch wenn er hier ein paar mahnende Worte loswird wirkt er nicht vorwurfsvoll gegenüber der konventionellen Landwirtschaft. Es geht ihm viel mehr darum “Das Alte mit dem aktuellen [zu] verbinden – zu einer stabilen Zukunft” (S. 12).
Dieses Ansinnen bringt ihn zum enormen Potential einer Permakultur Agrarwende, der er sich verschrieben hat: “Der Anbau sämtlicher landwirtschaftlicher Güter soll in multifunktionalen Ökosystemen geschehen (Stichwort: Permakultur) und somit aus einer vielfältigen und sich ergänzenden Mischung aus einjährigen Feldfrüchten, mehrjährigen Stauden, Wildgehölzen, Obst- und Nussbäumen bestehen.” (S. 20) Diese Anbauform hat diese ganzen Probleme, die oben beschrieben wurden nicht mehr und hat vielmehr noch das Potential viele der bereits geschaffenen Probleme wieder aufzuheben.
Letzter Ausweg: Permakultur – Grundlagen der Permakultur
Für Neulinge der Permakultur macht Jonas auch nochmal den Schlenker zu den ganzen Grundlagen. Was sind die Permakultur Prinzipien? Welche Ethischen Grundsätze hat die Permakultur? Und wie kommt man überhaupt vom theoretischen Konzept der Gestaltung zur praktischen Umsetzung? Und welche Methoden kann ich überhaupt anwenden, um mein Planungskonzept reifen zu lassen?
Jonas schafft es, diese Grundsätze und Leitlinien in sein Buch mit einzubauen und den Überschlag von der Gestaltung zur praktischen Umsetzung in der Landwirtschaft hinzubekommen. Das ist für ein deutsches Permakultur Buch Neuland.
Entstehende Permakultur Projekte und Höfe in Deutschland
Was für mich sehr erfreulich war: Jonas hat bestehenden oder sich entwickelnden Permakultur Höfen ein ganzes Kapitel gewidmet. Damit ist das ganze Buch angenehm praktisch und konkret und verbleibt nicht in theoretischen Konzepten von großflächiger Permakultur. Einen Großteil der Höfe begleitet Jonas mit seinem Planungsbüro und gibt Unterstützung bei Planung und Umsetzung. Insgesamt 3 Höfe werden in diesem Buch aufgeführt:
- Permakultur-Hof Großwallstadt mit 2 Hektar Land
- Kreislauf-Hof bei Dörverdern mit 60 Tonnen essbarer Frischmasse pro Jahr und Hektar
- Agrar Biotope im Taubertal – umfangreicher Schauhof für zukunftsfähige Landwirtschaft
In Deutschland gibt es aber noch eine ganze Reihe weiterer Permakultur-Höfe, die hier sicherlich auch noch eine Seite Platz gefunden hätten. Dazu gehören für mich die Bannmühle in Odernheim am Glan und der Permakultur Scheuerhof.
Pflanzenlisten und Waldnutzung, Pilzanbau
Im letzten Teil des Buchs gibt Jonas den Lesenden auch noch einige sehr hilfreiche Pflanzenlisten an die Hand. Auch auf das Thema zukunftsfähige Waldnutzung geht Jonas noch ein. Waldnutzung ist zwar streng genommen kein Teil der Landwirtschaft aber Forstwirtschaft ist auch eine Form, Erträge aus natürlichen Systemen zu bekommen. Da unsere Wälder momentan in einem furchtbaren Zustand sind, gibt Jonas auch hierzu Empfehlungen für die Zukunft.
Im Buch wird auch das Thema Trüffelanbau in Agroforstsystemen angesprochen. Grund genug, das Thema Pilzzucht Allgemein anzusprechen und hilfreiche Tipps und Tricks für zuhause mitzugeben.
Letzter Ausweg: Permakultur – Für wen das Buch ist – und für wen nicht
Wem würde ich das Buch also empfehlen? Das Buch hilft für sich einzuschätzen welche Art von Permakultur für das eigene Grundstück geeignet ist. Außerdem bietet es klare Kalkulationen für Kosten und Zeitaufwand und damit Planbarkeit und Berechenbarkeit.
Deshalb empfehle ich das Buch Menschen die sich für Permakultur interessieren und Interesse an einer konkreten Umsetzung bei sich auf dem Grundstück haben. Allerdings ist das Buch Letzter Ausweg: Permakultur nur eine erste Hilfe für Menschen mit Permakultur Ambitionen. Es bietet bei weitem nicht das nötige Wissen um einen Permakultur Planungsprozess selbst durchzuführen. Das ist aber, so wie ich das sehe, auch nicht der Anspruch von Jonas Gampe. Es soll viel mehr mit klaren Kalkulationen dazu anregen, eine Permakultur Umgestaltung bei sich selbst anzugehen. Im Idealfall sucht sich der Lesende dann eine der Möglichkeiten aus, geht damit zum Planungsbüro und lässt sich beraten.
Interessant ist das Buch mitunter auch für professionelle Permakultur Berater und Planer. Die Kalkulationen sind meines Wissens nach für Permakultur Anlagen noch neu und können gegenüber Kunden eine gute Kommunikationshilfe sein.
Aus diesem Grund würde ich das Buch aber vielen anderen Menschen nicht empfehlen. Allen, die schon mit Permakultur in ihrem Garten arbeiten würde ich eher davon abraten, da sie schon überzeugt sind. Solche Menschen brauchen ja eher praktische Planungs- und Umsetzungsbücher. So eins hat Jonas Gampe mit “Permakultur im Hausgarten” ja schon geschrieben. Aber auch andere Bücher wie “Gesunder Garten durch Mischkultur” von Gertrud Franck können eine große Hilfe im Permakulturgarten sein.
Was man verbessern könnte
Ein bisschen konstruktive Kritik sollte nie fehlen. Deshalb an dieser Stelle noch ein paar freundlich gemeinte Kritikpunkte an Letzter Ausweg: Permakultur. Auch wenn Jonas es schafft den klaren Fokus auf Kalkulationen, Plänen und Konzepten zu haben, mangelt es dem Buch an Tiefe. Es ist für ein sehr breites Publikum geschrieben, vom Großgrundbesitzer bis zum Hausgärtner. Es liegt in der Natur der Sache, dass keins der Themen wirklich in der Tiefe besprochen werden kann.
Zum Beispiel wäre es interessant gewesen, in Sachen großflächiger Permakultur auch mal das Thema holistisches Weidemanagement für Rinder oder auch Keyline-Design und Erdarbeiten anzusprechen. Das sind sehr wichtige Themen wenn es um großfläche Permakulturplanung geht. Im Bereich der Hausgärten fehlt dann wiederum die Tiefe bei den gärtnerischen Themen. Jonas zeigt auf was man machen kann und geht teilweise auch ins Detail. Eine ganzheitliche Sichtweise auf’s Gärtnern wie es die Mischkultur nach Gertrud Franck bietet fehlt hier aber. Deshalb hätte das Buch aus meiner Sicht einen größeren Wert, wenn die Zielgruppen klarer gefasst wären und man dann an manchen Stellen mehr in die Tiefe gegangen wäre.
Ertragszahlen pro Hektar
Eine viel geführte Debatte rankt sich außerdem um die Ertragszahlen pro Hektar. Oft hört man, dass Ertragszahlen pro Hektar als absoluter Wert keinen Sinn ergeben, weil sich Trocken- und Frischmasse unterscheiden. Jonas Gampe arbeitet in diesem Buch mit absoluten Ertragszahlen im 50-jährigen Mittel und nicht etwa Kalorien pro Hektar. Aus meiner Sicht wäre eine Umrechnung in Kalorien pro Hektar sinnvoller gewesen. Denn so kann ich viel besser vergleichen, wie produktiv ein Ökosystem wirklich für die menschliche Ernährung ist. Und so wie es Mark Shepard im Permaculturepodcast beschreibt, ist ein mehrjähriges System was Kalorien pro Hektar angeht wesentlich ertragreicher als ein einjähriges System. Immerhin erklärt Jonas nochmal, warum er sich für eben diese Ertragszahl entscheidet und rechnet sie an vielen Stellen sogar in den Geldwerten Ertrag pro Jahr um. Mit den Zahlen kann man also grundsätzlich arbeiten.
Fazit
Ein schönes neues Permakulturbuch mit 237 Seiten, das klimaneutral gedruckt und biologisch abbaubar ist. Die Illustrationen und Bilder des Fotografen Fabian Weiss sind passend und schön anzusehen. Manchmal habe ich aber den Eindruck, dass Jonas Gampe selbst ein wenig zu häufig abgebildet wird. Der Inhalt des Buches ist, wie bereits beschrieben, größtenteils auf Konzepte und Pläne fokussiert und das ist auch die große Stärke und Neuheit dieses Permakulturbuchs.
Jonas schafft es, Permakultur Systeme mit Fakten und Zahlen greifbar zu machen und sie aus dem nebulösen herauszuholen. Leider sind es so viele verschiedene Konzepte, dass das Buch an aus meiner Sicht wichtigen Stellen nicht in die Tiefe gehen kann. Deshalb mangelt es diesem insgesamt guten Buch manchmal an Tiefgang und Ganzheitlichkeit. Eine große Leistung des Buchs besteht aber sicherlich darin, viele Menschen für Permakultur zu inspirieren und ihnen mit weiterführenden Empfehlungen konkrete Maßnahmen an die Hand zu geben, sich vertiefend mit Permakultur zu beschäftigen. Allein dafür muss man Jonas Tribut zollen.
Das Buch können Sie hier* beim sozialen Buchhändler Buch7.de bestellen.
Die mit Stern gekennzeichneten Links sind Werbung nach dem Telemediengesetz. Wenn Sie auf einen solchen Link klicken und auf der Zielseite etwas kaufen oder bestellen, bekommen wir vom betreffenden Anbieter oder Online-Shop eine Vermittlerprovision. Es entstehen für Sie keine Nachteile beim Kauf oder Preis.
Titelbild: René Franz mit freundlicher Genehmigung durch den Löwenzahn-Verlag
Christina
Ich finde klasse, dass es endlich Projekte für Permakultur gibt.
Zumindest dachte ich bisher immer, dass es weitaus weniger verbreitet ist. Toll fände ich einen Post mit einem Überblick über alle aktuellen Permakultur Höfe. Dann weiß man wo/wen man dabei unterstützen kann 🙂
Rene Franz
Hallo Christina,
vielen Dank für deinen Kommentar. Schau doch mal auf http://www.permakultur.de/praxisorte – dort findest du schon eine Menge toller Permakulturorte.
Viele Grüße
René
Autor bei Permakulturblog.de