Vielen ist die industrielle Land- und Viehwirtschaft ein Dorn im Auge, doch was können Einzelne schon dagegen unternehmen? Auch du kannst einen Beitrag leisten und jeder Beitrag macht in Summe schon einen großen Unterschied. Ich erkläre dir hier, warum ein geschlossener Nährstoffkreislauf für die künftige Nahrungsmittelproduktion wichtig ist und wie die Wurmfarm im eigenen Garten helfen kann, deinen eigenen Dünger zu erzeugen.
Inhaltsverzeichnis
Den Nährstoffkreislauf schließen
Die Überdüngung der Felder ist ein großes Problem, da Naturdünger und Kunstdünger zu intensiv verwendet werden und das Grundwasser belasten. Ein kritischer Nährstoff ist allerdings Phosphor. Dieser ist nur in geringen Mengen im Boden vorhanden und mit jeder Ernte wird Phosphor weggetragen und gelangt über die Kanalisation häufig in die Meere. Doch ohne Phosphor werden künftige Ernten sehr mager ausfallen. Neben dem Naturdünger werden deswegen Phosphorit-Minen ausgebeutet, die irgendwann einmal erschöpft sein werden.
Der geschlossene Nährstoffkreislauf, wie es ihn einst unbewusst gegeben hat, muss wiederhergestellt werden, zumindest für kritische Nährstoffe wie Phosphor. Genau diesen geschlossenen Nährstoffkreislauf kannst du bei dir im Garten mit deiner eigenen Wurmfarm herstellen. In der deinem Biomüll sind Nährstoffe enthalten, die lediglich aufgeschlossen und zu den wachsenden Pflanzen zurückgeführt werden. Dadurch werden auch kritische Nährstoffe wie der Phosphor langsamer aufgezehrt oder im Idealfall sogar ausgeglichen. Neben Gartenabfällen kannst du auch einen großen Teil deines Biomülls verwerten, solange es keine Zitrusfrüchte, Zwiebelgewächse, tierische Erzeugnisse oder verarbeitete Lebensmittel sind.
Die Funktionsweise der Wurmfarm
Eine Wurmfarm ist ein Lebensraum, der ständig „gefüttert“ werden soll. Die Kompostwürmer haben keine Zähne und können frisches Material nicht fressen. Die verwertbaren Reste aus Küche und Garten gibst du möglichst täglich als kleine Portion in die Wurmfarm. Bakterien zersetzen alles, wonach Würmer die Nahrung aufsaugen. Würmer sind in der Wurmfarm nur eine Ebene der Zersetzung.
Es gibt als Konzepte für Wurmfarmen neben stapelbaren Wannen auch Holzkisten, bei denen du immer eine Seite erntest und die andere fütterst. Für größere Anwendungen kannst du auch eine Großflächen-Wurmfarm auf dem Boden in Form eines Fahrsilos nutzen.
Die typische Anfänger-Wurmfarm hat eine Bodenwanne mit Ablaufhahn und mehrere Wannen mit gelochtem Boden. Die untere Wanne steht schräg, die oberen werden zur flacheren Seite aufgebockt. Leider kommen Würmer fast überall durch, so können sie aber zurück in die oberen Wannen kriechen und ersaufen nicht im Wurmtee.
Oben gibst du täglich etwas frisches Material hinein, bis die Wanne nach einigen Wochen voll ist. Dann stellst du die nächste Wanne darauf, bis es drei Wannen sind. Im Anschluss entleerst du die untere Wanne und stellst sie wieder obenauf. Die Würmer wandern dabei nach oben.
Wurmtee und Wurmkompost
Während die Würmer arbeiten, entsteht Wurmtee, der in der unteren Wanne aufgefangen und gelegentlich abgelassen wird. Ich empfehle dir, den Wurmtee 1:10 mit Wasser zu verdünnen und ihn zum Gießen deiner Pflanzen zu verwenden. Wer nicht zu oft mit Wurmtee gießt, könnte für Starkzehrer auch pur gießen oder bei starkem Wurmtee 1:2 mischen.
Neben dem Wurmtee entsteht auch noch Wurmhumus, eine der nährstoffreichsten Erden, die es gibt. Du kannst den Wurmhumus bis zu einem Drittel für Starkzehrer unter die Blumenerde geben. Damit dieser keine Pflanzenreste mehr enthält, kann er vorher gesiebt werden. Du kannst Siebe wie für frischen Kompost verwenden.
Wurmtee und Wurmhumus enthalten sehr wertvolle Nährstoffe und Mineralien, womit es sich um perfekten Dünger für gutes Bodenklima und gutes Pflanzenwachstum handelt.
Klimabedingungen für die Wurmfarm
Der pH-Wert in der Wurmfarm soll zwischen 5 bis 8, besser zwischen 6,5 bis 7,5 pH liegen. Neben den Resten aus der Küche und dem Garten solltest du 10-20% der Futtermenge in Form von eingeweichten Kartonagen dazu geben, solange es sich nicht um Hochglanzdruck oder Papier mit Kunststoffen handelt. Für den Start der Wurmfarm ist Kokosfaser, die nicht mit Salzwasser gewaschen wurde, eine Hilfe. Du kannst die Wurmfarm zu Beginn schon 14 Tage mit Kokos, Kartonagen, Laub sowie dem täglichen Biomüll angesetzen, damit die dann eingesetzten Würmer bereits Nahrung vorfinden.
Wurmfarmen dürfen nicht zufrieren oder im Sommer zu warm oder trocken werden. Der optimale Temperaturbereich liegt bei 15 bis 25° Celsius, außerhalb von -2 bis 38° Celsius gehen einem die Würmer ein. Du solltest die Wurmfarm also bei markantem Wetter in deine Garage, den Geräteraum, den Keller oder einen Abstellraum stellen. Das gilt insbesondere für heiße Tage.
Zum Starten einer Wurmfarm für Haushalte mit 2 bis 4 Personen brauchst du rund 1000 Kompostwürmer. Wenn du nur einige weniger Würmer im Garten sammelst, dann überstehen diese es nur durch das 14-tägige Spülen. Es werden meist Eisenia fetida, Eisenia andrei, Eisenia hortensis oder auch Dendrobena venta Kompostwürmer verwendet. Die Eisenia Würmer verwerten in Relation zu ihrem eigenen Körpergewicht am meisten Biomasse und finden sich teils unter Laubschichten. Kompostwürmer vermehren sich sehr schnell.
Wie du deine Wurmfarm stabil hältst
Wenn du dich in das Thema des geschlossenen Nährstoffkreislaufs mit der Wurmfarm eingelesen hast, bist du bestimmt das Problem gefunden, dass Wurmfarmbetreibern ihre Wurmfarm kippt. Es gibt zum Glück einen sehr einfachen Trick, mit dem du das fast immer verhindern kannst.
Wenn deine Wurmfarm gut läuft hat sie viele Würmer und viele Pflanzenreste mit hohem Wassergehalt. Die Pflanzenmasse wird dadurch schnell verwertet, es entsteht viel Wurmtee. Würmer haben einen Stoffwechsel und damit Stoffwechselprodukte. Es scheint notwendig zu sein, dass diese zum Teil durch den Wurmtee fortgespült werden. Wenn zu wenig Wurmtee entsteht, wird mit schadstofffreiem Wasser, welches einen pH-Wert von 5 bis 7 sowie wenige Nitrate aufweist, alle 14 Tage gespült. Es wird so viel gespült, dass einige Liter Wasser austreten. Bei großen Wurmfarmen sollen es ein paar Wassereimer sein, aber auch nicht zu viel. In diesem Wurmtee soll mit pH-Streifen (Lackmuspapier) der pH-Wert geprüft werden, um diesen möglicherweise mit etwas Dolomitkalk zu heben oder mit Regenwasser beim nächsten Spülen zu senken. Der pH-Wert darf immer nur langsam angepasst werden.
Wurmtee hält die Wurmfarm im Gleichgewicht
Ohne die Wurmtee-Produktion von ausreichender Menge würde deine Wurmfarm kippen. Wenn du deine Wurmfarm alle 14 Tage spülst, kannst du selbst mit einer „Unterbelegung“ beginnen, die Würmer vermehren sich. Doch deine Würmer benötigen für die Bildung von ihrem Kokonring Mineralien, die sie häufig nicht in den Resten aus der Küche oder dem Garten finden. Ohne Kokonring können sich deine Würmer nicht vermehren, sie können keine Wurmeier bilden, aus denen Würmer schlüpfen. Es ist deswegen wichtig, dass du diese Mineralien in kleinen Dosierungen mit etwas Sand oder Feinkies in die Wurmfarm zu geben. Diesen Feinkies benötigen Würmer für ihre Verdauung.
Wichtig bleibt, dass du nicht irgendwie fütterst. Wenn du zu viel frischen Rasenschnitt gibst, wird dieser matschig und das kann die Wurmfarm durch eine anaerobe Zersetzung (Faulung) gefährden. Besser ist es, immer alles gemischt zu geben und Rasenschnitt vorher etwas antrocknen zu lassen. Die Wurmfarm soll nie zu trocken werden, sie soll aber auch nicht als Gesamtes durchgehend in Staunässe stehen, die zur anaeroben Zersetzung führt, die wiederum viele giftige Stoffe freisetzt.
Zu viele Würmer in der Wurmfarm – was nun?
Theoretisch können aus 1000 Kompostwürmern in einem Jahr eine Million werden. Selbst kleine Wurmfarmen enthalten tausende Würmer. Diese werden mehrere Jahre alt. Es kann deswegen nicht schaden, wenn regelmäßig mal Würmer entnommen werden. Dazu müsste man sozusagen die oberste Wanne halb leeren. Doch was soll man nun mit den Würmern machen?
Würmer verbessern die Böden, da sie diese lockern und Pflanzenreste schneller zu Nährstoffen abbauen, womit der Nährstoffkreislauf sich schließt. Die Kompostwürmer vertilgen jedoch eingegrabene Pflanzenreste nicht, da die Bakterien im Boden zu wenig Sauerstoff haben. Die Pflanzenreste sollen als Mulch auf dem Boden liegen und dort liegen bleiben. Wenn die Pflanzenreste schrumpfen, wird wieder neuer Mulch aufgetragen. An diesen Stellen können die Kompostwürmer ausgesetzt werden und verbessern die Böden sehr effektiv.
Alternativ können Kompostwürmer im Winter eine wichtige Eiweißquelle für deine Legehühner sein (sofern du welche hast), die wiederum einen guten Phosphordünger erzeugen. Sinnvoller ist es jedoch, die Hühner zu dem Zeitpunkt der Legephase, in der sie wenig Eiweiß finden, mit den Kompostwürmern zu füttern, um eine Fehlernährung der Legehühner zu vermeiden. Auch beim Heranwachsen oder in der Mauser für die neuen Federn benötigen Hühner größere Mengen Eiweiß im Futtermittel.
Ein Teil vom Inhalt der oberen Wanne der Wurmfarm kannst du einfach in den Hühnerauslauf ausgestreut werden, schon freuen sich alle Hühner. Als Halter brauchst du dadurch weniger Hühnerfutter ( ähnlich wie bei der Tiefstreu ) oder du kannst einen Mix mit weniger Eiweiß wählen, und damit Futter aus Sojabohnen oder tierischen Erzeugnissen reduzieren. In beiden Fällen ist ein geringerer Bedarf ökologischer.
Fazit
Du könntest dir deine Wurmfarm auch selbst bauen und das das mineralhaltige „Wurmfutter“ könntest du dir ebenso selbst zusammenstellen. Aus meiner Sicht ist es aber viel einfacher, dir eine solide Wurmfarm und Wurmfutter im Handel zu erstehen. Hier kannst du auch die Hanfmatten kaufen, mit denen die Wurmfarm gegen den Lichteinfall abgedeckt wird. Wenn du dann erste Erfahrungen gesammelt hast, kannst du später immer noch deine eigene Wurmfarm bauen und deinen eigenen Wurmfutter-Mineralmix kreieren.
Wenn du dank deiner Wurmfarm deinen Nährstoffkreislauf schließt, musst du für gute Fruchtbildung oder eine anschauliche Blütenpracht weniger Dünger herbeischaffen. Für die Frucht- oder Blütenbildung ist Phosphor entscheidend, der im Kunstdünger häufig aus Phosphorit-Minen stammt. Wenn du Kunstdünger vermeidest, ist das auch deswegen ökologischer, da Kunstdünger das empfindliche Bodenleben und damit den natürlichen Nährstoffkreislauf stören kann.
Titelbild von iGlobalWeb auf Pixabay