Das Handbuch der Permakultur-Gestaltung ist DAS Buch wenn es um Permakultur geht. Nicht umsonst wird es in der Szene auch als “Permakultur-Bibel” bezeichnet. In dieser Rezension möchte ich herausarbeiten, welche Inhalte das Buch hat, für wen es geeignet ist und welche Vor- und Nachteile es bei dem Buch gibt.
Handbuch der Permakultur-Gestaltung – die Fakten
- Autor: Bill Mollison
- Übersetzung: Roland Schauer, Susanna Ajkovic, Tomas Remiarz, Ulrike Dietschy und Norman Feldmann
- Seitenzahl: 640
- Seitenmaß: 30 x 20 cm
- Preis: 128€
- Papier: Recyclingpapier
- Herausgeber: Österreichisches Institut für angewandte Ökopädagogik – Permakultur-Akademie im Alpenraum
- Anzahl bis 2004 gedruckter Exemplare: 164.000
- Sonstiges: Für jedes verkaufte Buch wird 1€ an das Projekt BLATTWERK gespendet
- Wo erhältlich: Im Versandhandel und per Direktorder bei der Therapiegarten GmbH in Österreich.
Für wen ist dieses Buch gedacht?
Wie du vermutlich bereits gemerkt hast, ist das Handbuch der Permakultur-Gestaltung extrem umfangreich. Es ist also kein einführendes Permakultur Buch. Ich persönlich habe für das Durchlesen des Buchs mehrere Monate gebraucht. Es ist daher ratsam, dir das Buch nur dann zu besorgen wenn du wirklich vor hast dich mit Permakultur-Gestaltung zu beschäftigen.
Für Menschen die sich “nur” mit Selbstversorgung oder Anbauthemen im eigenen Hausgarten beschäftigen wollen ist es vermutlich ein Fehlkauf. Deshalb würde ich es nur angehenden Permakultur-Gestaltern empfehlen. Es könnte aber durchaus auch als Begleitlektüre zum Permakultur-Designkurs genutzt werden. Wer das Geld gerade übrig hat, kann sich das Buch aber natürlich trotzdem besorgen und es aus reinem Interesse lesen – sofern Du dafür genügend Zeit mitbringst. Wie bereits oben geschrieben habe ich mehrere Monate dafür gebraucht, obwohl ich jeden Tag 20 Seiten gelesen habe.
Handbuch der Permakultur-Gestaltung – Der Inhalt
Der Inhalt des Buchs gliedert sich in insgesamt 14 Kapitel und einen Appendix mit Pflanzenlisten, Glossar und weiteren Informationen. Im Mittelteil des Buchs findet sich ein 25-seitiger farbiger Teil mit Fotos von Permakulturprojekten aus Aller Welt. Am Ende eines jeden Kapitels findet sich eine Art Zusammenfassung der wichtigsten Themen und Aspekte, sowie Empfehlungen für Permakultur-Gestalter.
Die Themen des Buchs in der Übersicht:
- Einleitung zur Permakultur
- Gedanken und Themen für das Gestalten
- Gestaltungs-Methoden
- Muster
- Klimatische Faktoren
- Bäume und deren Energieaustausch
- Wasser
- Böden
- Erdarbeiten und Erdressourcen
- Feuchte Tropen
- Trockengebiete
- Aquakultur
- Wege zu einer Alternativen Nation
- Appendix
Was du hier vielleicht schon merkst: Dieses Buch ist ein Rundumschlag. Es führt in den ersten Teilen in die wichtigsten Themen der Gestaltung ein und beschäftigt sich dann mit Gestaltungsthemen für bestimmte Gebiete auf der Erde. Außerdem geht Mollison später auch noch auf die Methode der Aquakultur ein und setzt sich darüberhinaus mit dem Thema Gemeinschaften und Politik auseinander. Für meinen Geschmack gibt es aber zu wenige Informationen für die temperierten Klimate.
Deshalb hat Patrick Whitefield vermutlich das Buch “Was wir für die Erde tun können”* geschrieben, das sich nur um dieses Thema dreht. Auch wenn die Kapitel zu Trockengebieten und Tropen durchaus interessant sind, sind sie für unsere Breitengrade nicht zwingend relevant.
Schreibstil und Übersetzung im Handbuch der Permakultur-Gestaltung
Der Schreibstil des Buchs ist oft in passiver Sprache – es wird also viel erklärt. An bestimmten Stellen wird der Leser aber auch ganz konkret angesprochen, vor allem in den Abschnitten an den Enden der Kapitel, wo Empfehlungen für Gestalter stehen. Ich konnte größtenteils flüssig durch das Buch hindurchlesen – der Schreibstil war dabei nicht störend aber auch nicht besonders kunstvoll. Das ist für ein Sachbuch aber auch nicht unbedingt anders zu erwarten.
Was teilweise störend ist, sind die Genderstriche. An sehr vielen Stellen wird Gestalter/innen verwendet. Ich bin kein Gegner vom Gendern oder nutzen von Genderstrichen in Büchern. Allerdings ist es an manchen Stellen sehr schlecht umgesetzt worden. Es kommt vor, dass in einem Absatz sehr häufig gegendert wird, was den Lesefluss ungemein stört. Die Übersetzer hätten hier vielleicht häufiger auf neutrale Begriffe wie “Permakultur-Gestaltende” oder “Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler” ausweichen können. Dies wäre für den Lesefluss aus meiner Sicht zuträglich gewesen. Letztlich ist dieses Thema aber auch Geschmacksache.
Darüber hinaus gibt es im Buch auffällig häufig Rechtschreibfehler. Vor allem im späteren Teil des Buchs findet man diese häufiger. Bei einem so umfangreichen Übersetzungsprojekt ist das nicht unbedingt verwunderlich, allerdings würde ich bei dem hohen Preis mehr Gründlichkeit vom Korrektorat erwarten.
Abbildungen und Illustrationen im Handbuch der Permakultur-Gestaltung
Eine große Stärke des Handbuchs der Permakultur-Gestaltung sind die vielen Abbildungen. Diese wurden in den 80ern von Andrew Jeeves gezeichnet und verdeutlichen die ganzen Inhalte des Buchs. Die Abbildungen oft auf die volle Seitengröße ausgedehnt und deshalb kommt es nicht selten vor, dass die Abbildung zu einem Textabschnitt erst viel später erscheint. Es erfordert an manchen Stellen sehr gewissenhaftes Blättern, wenn man die Abbildung zur Beschreibung finden will.
Dies stört aber weiter nicht, denn das Handbuch der Permakultur-Gestaltung ist ein Fachbuch. Die Größe der Abbildung ist eben zweckmäßig und vom Satz her ist es manchmal nicht anders möglich – deshalb konnte ich mich immer ganz gut damit arrangieren.
Die Illustrationen an sich sind gut gezeichnet und bereichern den Text ungemein. Ich würde sogar sagen, dass die Illustrationen die größte Stärke des Buchs sind, da sie die Gedanken von Mollison verdeutlichen und erst konkret machen. Der Informationsgehalt steigt dadurch immens.
An manchen Stellen wäre es aber gut gewesen, wenn die Abbildungen eingefärbt worden wären. Im Internet findet man vermutlich aus gutem Grund nachträglich kolorierte Illustrationen aus dem Buch. Denn an manchen Stellen werde ich aus den Zeichnungen nicht schlau. Vor allem im Kapitel zu den trockenen Gebieten ist mein räumliches Denkvermögen oft an seine Grenzen gekommen – ich brauche einfach mehr farbige Kontraste um räumliche Zeichnungen zu verstehen.
Auf Anfrage beim Tagari-Verlag in Australien wurde mir mitgeteilt, dass nie eine vollständig kolorierte Version veröffentlicht wurde. Vermutlich weil die Kosten für dieses sowieso schon teure Buch sonst noch höher wären. Obwohl an vielen Stellen mit unterschiedlichen Schraffuren gearbeitet wird, hätte diese Technik bei manchen Abbildungen noch häufiger eingesetzt werden können, um diese besser verständlich zu machen.
Qualität des Buchs
Ich habe das Buch jetzt seit etwa einem Jahr und leider ist die Qualität des Einbands nicht sehr hochwertig. Es zeigen sich bereits erste Macken und Falten im Einband, obwohl ich das Buch kaum unterwegs mitgenommen habe. Am unteren Teil des Buchs lösen sich auch schon erste Fäden. Es ist zu erwarten, dass der Einband innerhalb eines Jahrzehnts auseinanderfällt. Leider ist diese Problematik auch schon bei der englischsprachigen Variante bekannt gewesen. Aus welchem Grund bei der deutschen Übersetzung die selben Probleme auftreten kann ich als nicht-Verleger nicht beantworten.
Die Fotografien im Mittelteil sind nicht sehr scharf, was aber mit dem Alter selbiger zusammenhängt. Das Buch stammt schließlich aus den 80er Jahren. Die Illustrationen sind von hoher Druckqualität, das Papier hat eine angenehme Dicke.
Meine persönliche Einschätzung
Bevor ich hier meine persönliche Einschätzung abgebe, noch ein paar Vorbemerkungen zu diesem Buch.
Der Hintergrund zum Handbuch der Permakultur-Gestaltung
Das Handbuch der Permakultur-Gestaltung ist das dritte Buch von Bill Mollison, nach “Permaculture One” und “Permaculture Two”. Es stellt also gewissermaßen eine Symbiose aus beiden Büchern dar, wobei Mollison im Handbuch der Permakultur-Gestaltung noch wesentlich mehr Erfahrungen, Konzepte und Informationen teilt. Mollison hat meines Wissens nach danach nur noch kürzere Einführungswerke geschrieben, sowie eine Autobiographie und ein Buch zur Fermentation. Es ist also sein Haupt- und Lebenswerk, wenn es um das Thema der Permakultur-Gestaltung geht. Auf diesem Buch basiert auch der heute immer noch übliche Permakultur-Designkurs.
Vor diesem Hintergrund ist es zunächst wichtig zu betonen, dass es eines der wichtigsten Permakultur-Standardwerke ist. Wer sich also ernsthaft mit Permakultur beschäftigen will und dies vielleicht auch professionell tut, sollte dieses Buch gelesen haben. Sicherlich gehören noch andere Bücher mit dazu, aber dieses Buch ist aus meiner Sicht ein Muss.
Meine Empfehlung
Für mein Empfinden ist das Buch trotz der kleineren genannten Mängel uneingeschränkt zu empfehlen. Es ist allerdings kein Einführungsbuch und darüber sollte sich der Leser oder die Leserin bewusst sein. Das Durcharbeiten und Durchlesen dieses Werks wird auch bei großer Disziplin (ich empfehle 20-30 Seiten pro Tag) lange dauern und deine mentalen Ressourcen sehr beanspruchen. Vor allem wenn du noch wenig von Permakultur weißt, wirst du viel zu verarbeiten haben. Denn jede Seite, jede Abbildung ist voll gepackt mit Wissen und Informationen.
Besorge dir das Buch (das ja auch nicht gerade günstig ist) also nur, wenn du auch wirklich Zeit hast, es zu lesen. Es wäre definitiv schade, wenn es im Bücherregal verstaubt. Wenn diese Voraussetzung aber erfüllt ist, ist es aber definitiv ein Muss für alle, die sich ernsthafter mit Permakultur-Gestaltung auseinandersetzen. Wenn du dich mit Permakultur bereits selbstständig gemacht hast, könntest du die Kosten übrigens auch in deiner Steuererklärung geltend machen. Da der Begriff “Permakultur” so offensichtlich im Titel erscheint, wird es sicher kaum ein Problem sein, dies dem Finanzamt zu erklären.
Tipps und Hinweise zur Bearbeitung des Buchs
Es ist bei der Fülle des Inhalts klar, dass man sich nicht alles merken kann. Deshalb solltest du die Erfahrung des Lesens genießen. Mach dir Notizen an Stellen, die du besonders interessant findest. Lege aber größeren Wert darauf, das Buch für die Zukunft vorzustrukturieren: Arbeite mit Klebezetteln, Lesezeichen und Scanne dir das Inhaltsverzeichnis ein, um immer schnell einen Überblick bekommen zu können. Hilfreich ist es natürlich auch, wichtige Passagen farbig zu markieren – vor allem wenn sie für dich in der Zukunft interessant sein könnten.
Die Kapitel “Feuchte Tropen” und “Trockengebiete” habe ich nicht so gewissenhaft durchgearbeitet wie die anderen Kapitel. Ich habe sie zwar gelesen, aber nicht jede Abbildung im Detail angesehen sondern lediglich versucht die wichtigsten Inhalte daraus mitzunehmen. Wenn du in der Zukunft nicht vorhast, in diesen Gebieten zu arbeiten kannst du sie eventuell sogar überspringen.
Fazit
Für meinen eigenen Lernweg hat mir das Buch sehr geholfen, denn es werden so viele Themen in einer Tiefe beschrieben, die im Permakultur-Designkurs gar keinen Platz haben. Teilweise habe ich im Handbuch der Permakultur-Gestaltung zum ersten Mal von bestimmten Sachverhalten gehört, zum Beispiel der Raum-Zeit-Planung von Nischen – dieses Thema wurde in meinem Designkurs nicht einmal angeschnitten.
Ganz besonders hilfreich sind die ganzen Hinweise für Gestalter am Ende eines jeden Kapitels. Diese kann man sich nach dem ersten Lesen des Buchs wieder zur Gemüte führen, um eine schnelle Zusammenfassung eines jeden Kapitels zu erhalten. Das übersichtliche Inhaltsverzeichnis hilft sehr dabei sich nach dem erstmaligen Durchlesen im Buch zurechtzufinden. Beispielsweise fragte mich ein Kunde nach Hinweisen zum Anbau von Beeren in der Permakultur – hierfür gibt es im Handbuch der Permakultur-Gestaltung ein eigenes Unterkapitel. Dort wird unter anderem ein Modell für den Beerenanbau am Spalier vorgestellt. Es ist also hilfreich, sich bei Fragen im Buch schnell zurechtfinden zu können.
Das Handbuch der Permakultur-Gestaltung ist ein absolutes muss für jeden, der sich in der Tiefe mit Permakultur beschäftigt. Die Inhalte, Illustrationen und Gedanken sind so tiefgreifend, dass vermutlich jeder hier Inspirationen und Anregungen findet. Trotz des hohen Preises lohnt sich der Kauf aus meiner Sicht, da die Inhalte weit über jeden Permakulturkurs hinausgehen. Viele der Ideen von Mollison wurden bisher nur Ansatzweise in der Realität umgesetzt und können von Praktikern noch erprobt werden.
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